Geschichte

Die Vereinsgeschichte der Ortsgruppe Plochingen
verfasst von Max Linderer
anlässlich des 100 jährigen Jubiläums 1989

Die erste Nummer der Albvereinsblätter vom Mai 1889 nennt im ersten Mitgliederverzeichnis acht Plochinger Bürger, die sich zur Ortsgruppengründung zusammengefunden und Otto Kirchgeorg zu ihrem ersten Vertrauensmann gewählt hatten. Unter seinem Nachfolger August Mayer hatte sich der Verein weiterentwickelt, die Anzahl der durchgeführten Wanderungen waren in den Anfangsjahren bescheiden. Der Wanderplan von 1905 weist 5 Wanderungen (1987 = 36 ) aus. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Plochingen rund 80 Mitglieder, 1913 allerdings bereits 142 ( 1987 = 447 ).

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Wanderung durch das 
Zipfelbachtal
 am 18.04 1927 (Erster vom Schwäbischen
 Albverein angelegter Weg)

 

Die Zeit des Ersten Weltkrieges war durch Stagnation gekennzeichnet; aber 1922 gab es bereits wieder eine Ortsgruppe mit 156 Wanderfreunden und 12 Wanderungen. Die erste eineinhalbtägige  Wanderung führte in Jahr 1928 auf den Roßberg. 1930 fuhr man zum ersten Mal mit dem Omnibus ins Donautal. Da der Tag 18 Stunden hatte, waren die Teilnehmer verständlicherweise etwas ermüdet heimgegehrt.

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Während einer Wanderung auf dem Schurwald 1934 (Siebter von links ist August Mayer, langjähriger Vertrauensmann der Ortsgruppe Plochingen)

 

1937 hatten sich schon 234 Wanderfreunde dem Albverein angeschlossen; bis zum Abbruch des zweiten Weltkrieges erhöhte sich die Zahl auf 257. Gustav Distelbart war zu diesem Zeitpunkt Vertrauensmann der Ortsgruppe, nachdem der Tod seinem verdienten Vorgänger den Wanderstab aus der Hand genommen hatte. Während des Krieges und den Jahren unmittelbar nach Ende dieser schrecklichen Zeit konnten Wanderungen und Veranstaltungen nur eingeschränkt durchgeführt werden. Die kleinen Gruppen zwischen 6 und 20 Teilnehmern ( 1987: im Durchschnitt 33 ), die eine Ganztageswanderung unternahmen, waren sowohl Tiefflieger des Gegners als auch eigene Flakstellungen ausgeliefert, sofern sich kein Graben oder Baum als Deckung fand. Auch die Unwägbarkeiten ab 1945 hinderten nicht daran, sich auf den Weg zu machen: in der Regeln mussten es auch schon früher 5 Stunden sein.

Wanderbücher oder Protokolle von Sitzungen und Versammlungen belegen die Schwierigkeit, denen Wanderer und Vereinsverantwortliche ausgesetzt waren.
–> 10.9.1944: Oberesslingen – Jägerhaus – Strümpfelbach – Schanbach – Plochingen. 11 Personen. Fliegerangriff ! Im Wald versteckt.

Gasthäuser waren selten geöffnet und wenn, war das Angebot spärlich. Die Gruppe, bestehend aus Senioren, Frauen und Kindern, vesperte aus dem Brotbeutel, trank aus Feld- und Sprudelflaschen. Erzeugnisse der heimischen Gärten wurden ausgetauscht. Das mit Kleie durchgesetzte Brot, belegt mit Zwiebeln und Kunstsenf oder Gemüsewurst machte satt. Aus dem Protokoll der Mitgliederversammlung von 1945: „Der Kassenbericht gibt das Bild der Geldentwertung. Durch militärische Eingriffe wurde Vorstand Distelbarth seines Amtes enthoben, dafür wurde Ferdinand Lutz zum Vorstand gewählt. Da nun diese Aktion vorüber ist, wurde G. Distelbarth wieder einstimmig zum Vorstand gewählt, obwohl er der Meinung war, dass ein Jüngerer das Amt übernehmen soll. Gemeldet hat sich allerdings keiner.“ 20 Jahre lang führte der populäre und erfolgreich Vertrauensmann die Plochinger Albvereinler. Am Tag der Verleihung des Ehrenschildes an  G. Distelbarth durch den Hauptverein wurden seine langjährigen Mitstreiter Karl Weiß, Robert Schindele, Xaver Koch und Ferdinand Lutz zu Ehrenmitglieder der Ortsgruppe ernannt.

Und was passierte sonst noch?

„Turmwart Ferdinand Lutz berichtete, das der Aussichtsturm im vergangenen Jahr gut besucht wurde.  Leider wurde die Tür wieder gewaltsam geöffnet und im unteren Raum befand sich allerlei Unrat. Der Fahne hatten die Mäuse einen Besuch abgestattet und es muss eine neue beschafft werden.“

Wegwart Gänzle kümmerte sich um Wegtafeln und Wegzeichen, Schriftführerin Brucker zeichnetet alles gewissenhaft auf.

…“Der Wanderplan wurde besprochen und von den Anwesenden für gut befunden, hauptsächlich die Wanderungen ins französisch besetzte Gebiet wurden begrüßt, da man ja seither ohne Pass nicht dahin konnte.“

Die Jugendarbeit der Ortsgruppe war in den fünfziger Jahren besonders erfolgreich. Wanderfreund Willi Stein sei in diesem Zusammenhang ein stilles Gedenken gewidmet, der die Gruppe gegründet und in den Schwierigkeiten der ersten Zeit väterlich und engagiert geführt hatte. Unter der Leitung des späteren Vertrauensmanns Heinz Hartmann folgten noch viele Jahre  gemeinsamer Wanderungen und Fahrten, fröhlicher Heim- und Volkstanzabende. Volkstanz wurde in dieser Zeit überhaupt groß geschrieben. Man fuhr nach Oberammergau zum Theaterspielen und zum Deutschen Wandertag nach Neustadt an der Weinstraße. Die Albvereins-Jugendchor war weit bekannt, die Theatergruppe ergänzte spielerische Freude mit einfachen Kulissen und selbstgeschneiderten Kostümen. In späteren Jahren wurde die Kabarettgruppe „Albverkleinerer“ auf Bühne und Podium mit viel Beifall bedacht.

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Die erfolgreiche Kabarettgruppe „Die Albverkleinerer“
 während eines Auftritts 
im Jahre 1971

 

Mit ihren Mitgliedern stellt die Ortsgruppe Plochingen des Schwäbischen Albvereins auch heute noch einen beachtlichen Teil der großen Vereinsfamilie Plochingens dar. In der Mitwirkung bei landschaftspflegerischen und kulturellen Aufgaben, auch gemeinsam mit anderen Vereinen, sieht sie in Zukunft eine ihrer Aufgaben.

Wie in der Gründerzeit muss auch heute auf den Einsatz, die Unterstützung auf die Mitglieder gesetzt werden. Die Arbeit ist zunehmend umfangreicher und vielfältiger geworden.

Die Pflege guter Wanderungen und Wanderwege für alle Altersgruppen, Vergnüglichkeit und Informationsgehalt der gesellschaftlichen Veranstaltungen, Förderung geeigneten Liedguts durch die Singgruppe, Verantwortlichkeit für weiterführende Jugend- und Naturschutzarbeit, Betreuung unserer Senioren und die Arbeit in und um den Jubiläumsturm, jahrzehntelang dankenswerterweise durch viele freiwillige Arbeitsstunden sichergestellt, dies wird auch weiterhin notwendig sein.

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